Donnerstag 22.2.18, 11.30 – 13 h und 14.30 – 16 h

1. Christoph Baumann (Zürich/Luzern)
2. Dagmar Boecker & Michael Gees (Köln)
3. Prof. em. Dr. Peter Jarchow (Berlin/Leipzig)
4. Harald Kimmig (Freiburg) & Daniel Studer
5. Katharina Klement & Dr. Burkhard Stangl (beide Wien)


Workshop 1: Christoph Baumann     [Raum E40]

CUT

In der praktischen Arbeit werden die Themen Imitation (Erinnerung) und Kontrast von zentraler Bedeutung sein.
Das Cutsystem kann als Spezialfall einer Conduction gesehen werden. Im Unterschied zur Conduction (oder zum Soundpainting) stehen dem „Dirigenten“ aber nur etwa drei Zeichen zur Verfügung. Die Gestaltungsfreiheit der MitspielerInnen bleibt schlussendlich (wie es sich in der konkreten Arbeit zeigen wird) an jedem Punkt des musikalischen Prozesses uneingeschränkt.

Ziel der Arbeit: Bewusste Selbstorganisation (Fokus auf relevante Aspekte, klare Entscheidungshierarchie) in der Großgruppe unter Beibehaltung der improvisatorischen Freiheiten.

CHEFSYSTEM

Ein Modell (ein Konzept) für das Arbeiten in Großgruppen zur Thematik: Kontrast, Orientierung in der Gruppe.

Wir untersuchen zuerst (solistisch) die Möglichkeiten präziser musikalischer Statements. Was heißt das genau? Wie muss ein musikalisches Statement formuliert sein, damit es für alle Beteiligten klar les- und deutbar ist?
Dann untersuchen wir folgende präzise Reaktionen auf diese Statements:
– Kann ich eine relativ genaue Imitation spielen?
– Kann ich einen präzisen Kontrast spielen.
Auf der Basis dieser Erfahrungen werden wir in der Gruppe arbeiten. Hier geht es vor allem darum, sich im sozial-funktionalen Kontext zu orientieren. (in welcher Sektion spiele ich, wie steht mein Material dazu? Wohin geht mein Fokus?)

Das Konzept Chefsystem verlangt von den Mitwirkenden eine hohe Aufmerksamkeit auf gewähltes Material und auf die jeweilige Sektion (Gruppe).
Ziel der Arbeit: Bewusster Umgang mit Material und Funktion.

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Workshop 2: Dagmar Boecker & Michael Gees     [Raum 315]

COMPOSING VOICES

Vokale Spontankomposition mit SängerInnen und InstrumentalistInnen

Vom Spielfeld im Unterricht zum extemporierten Konzert.
Mit der eigenen Stimme, als primärem Instrument, gebrauchsfertig gegeben und intuitiv verfügbar, steigen wir ein in die freie Gestaltung musikalischer „Hör-Bilder“ jenseits von Genre oder Stilistik.
In „Versuchsanordnungen“ aus unserem Übungs-Kanon erproben wir Werkzeuge zur musikalischen Gestaltbildung und ihrer Evolution. Wir üben intentionales Hören, schöpferische Gegenseitigkeit und Transformation von Ideen durch Begegnung: es gibt nichts, woraus nicht Musik werden könnte.
Darin unterscheiden wir die Entwicklung von „4 Ebenen des Hörens“ in ihrer Entsprechung zu4 Qualitäten des Musik-Erfinderischen zusammen Wirkens einer Gruppe“ und erörtern die daraus resultierenden Notwendigkeiten. 717

1 Höre’ = ICH habe Raum für das Spiel mit Möglichkeiten, in freier Improvisation.

Musikalischer Raum als Spielwiese: Sich individuell einbringen, Diversität erleben. Jede stimmliches Äußerung und Gebärde ist willkommen. Hört jeder jeden? Wann wird es zu ‚voll‘? Anstrengend? Gehen Ideen unerhört unter?

2 Höre’ = ICH + DU sind im Raum, in kompositorischem Dialog.

Kommunikation: Zuhören, Kontakt, Raum geben und nehmen.
Ideen äußern, Ton/Motiv/Tongestalt mit ‚Meinung‘ füllen.
Verstehen, beitragen, Stellung nehmen, weiterentwickeln.
Wie gelingt Kommunikation frei von Konkurrenz?

3 Höre’ = WIR ist Raum für Entwicklung, in kollektiver Musikerfindung.

Kooperation statt Wettbewerb: Nutzen und Wirksamkeit von Reduktion, Langsamkeit, Wieder-Holen, Stille, aktivem Nicht-Tun, Atmung, Raum.
Das „Weniger im Meer“ der Möglichkeiten und im Spiel der Kräfte erlauschen.
Entwicklung vertieften schöpferischen Hörens. Schärfung des Möglichkeitssinns für das, was noch erklingen will. Aktivität im Dienst an einer Idee, die nicht von mir ist. Wem dient mein Beitrag noch?
Erleben von Verwandlung, Wachstum und Neuentstehung.

4 Höre’ = ES das größere Ganze im Raum, die extemporierte Spontankomposition.

Kollektive Empfänglichkeit: die musikalische Idee führt die Gruppe. Qualifizierte kompositorische Entscheidungen in urheberschaftlicher Verantwortung für die in Gemeinschaft entstehende Musik.
Im Konzert: wann fühlen sich Menschen zu aktivem schöpferischen Hören eingeladen? Wann erlebt sich ein Publikum als zu-ge-hörig?

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Workshop 3: Peter Jarchow     [Raum 130]

Musizierende sind durch Ausbildung und Praxis streng auf das Notenbild fixiert. Sie sehen sich als „Befolger“ der Idee des Komponisten anhand des Notenbildes. Improvisation wirkt dem a priori entgegen. Eigene Ideen sollen dem Klang Gestalt geben und sollen nicht durch Nachdenken über mögliche Notation beeinträchtigt werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit zum sparsamen Gebrauch (auch im Denken) von musiktheoretischen Begriffen.

Beim Improvisieren soll man vermeiden, sich auf vorgefertigte „Versatzstücke“ zu stützen, die dann immer wieder zu ähnlichen äußerlichen Effekten führen können und eine einmalige Improvisationsleistung verhindern. Vielmehr sollen ursprüngliche kleinste Bausteine Ausgangspunkt einer Improvisation sein, in denen die Richtung zu Stil, Struktur und Aussage noch nicht vorgegeben ist.

Der Kurs soll Empfindung für Langsamkeit und Sorgfalt bei der Entfaltung der Kreativität der Spieler vermitteln. Jede Art von Hast, Zwang oder Erfolgserwartung mindert die Kreativität oder bringt sie zum Erliegen. Individuelle Aufmerksamkeit und Rücksicht auf eigene Erfindungen und auf die der anderen sind Grundvoraussetzung für eine sich frei entfaltende Improvisation.

Da eine Improvisation sich der Wiederholbarkeit entzieht, erlaubt sie gleichzeitig extreme – weil einmalige – Lösungen. Sie funktionieren und faszinieren durch die Kraft des Augenblicks. Eine Überprüfung der Wirksamkeit einer Improvisation ist also nur bedingt möglich und eigentlich auch nicht erforderlich. Man soll also einer anscheinend noch so gelungenen Improvisation nicht nachtrauern, sondern sich auf die nächste freuen.

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Workshop 4: Harald Kimmig & Daniel Studer     [Raum E45]

Dieser Workshop orientiert sich an Kursen die wir an verschiedenen Musikhochschulen in Deutschland und der Schweiz unterrichten. Aussagekräftige Musik aus dem Augenblick heraus zu kreieren steht dabei im Vordergrund. Den Studierenden werden „fassbare“ Anhaltspunkte vermitteln um dieses Ziel zu erreichen.

Improvisation fordert ein fast reflexartiges Umsetzen von Ideen in einem Kollektiv. Wo setze ich bei den eigenen Ideen an, wie kann ich diese strukturieren? Wie kann ich meine Ideen im Kollektiv fokussieren? Bewusst oder unbewusst beziehen wir uns auf eigene Erfahrungen und somit auch auf vorgegebene harmonische, zeitliche und klangliche „Systeme“.

In Gruppenimprovisationen wird ein weites Spektrum von Möglichkeiten der Materialwahl und deren Entwicklung ausprobiert und analysiert, von Improvisationen mit traditionellen Klängen bis hin zu Klangflächen, Klangstrukturen mit neuen Instrumentaltechniken.

Die Improvisationen werden analysiert. Ordnungssysteme werden herausgeschält und angewendet. Improvisatorisches, instrumentales wie kompositorisches Experimentieren wird in einen spannenden Austausch gebracht.

Ziele:

  • Lernen, klare Entscheide zu treffen, sich in den Improvisationen zu fokussieren und klar auszudrücken.
  • Raus aus der Komfortzone: Risiko-Freude im Improvisationsprozess entwickeln.
  • Strukturierungsmöglichkeiten bezüglich des Materials und der Form aneignen.
  • Die Studierenden lernen verschiedenste instrumentale Techniken in den Improvisationen anzuwenden, traditionelle wie zeitgenössische.

Inhalte:

  • Gruppenimprovisationen und deren Analyse.
  • Experimentieren mit Klang, Form, Kommunikation.
  • Strukturierungsmöglichkeiten erarbeiten, weiterentwickeln und angewendet.
  • Zeitgenössische Instrumentaltechniken ausprobieren.

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Workshop 5: Katharina Klement & Burkhard Stangl     [Raum E50]

Ausgehend von klar definierten Spielanweisungen (Musizieraktionen) werden die Teilnehmer*innen allmählich mit freier Improvisation, die gänzlich ohne Vorgaben auskommt, konfrontiert bzw. zu ihr hingeführt. Das praktische Musizieren und Experimentieren stehen im Zentrum, Analyse und Reflexion bilden wiederum die entsprechende Grundlage für einen rekursiven Prozess. Die Teilnehmer*innen sind aufgefordert, ihre Instrumente mitzubringen, dies sollte aber nicht obligatorisch sein; instrumentale Fähigkeiten sind nicht ausschlaggebend – so sind Anfänger*innen wie Virtuos*innen willkommen.

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→ Programmüberblick